Am Hamburger Flughafen herrscht Trubel. Kaum zu glauben, wie viel Gepäck die anderen Passagiere auf dem Weg nach Priština dabei haben. Für uns ist das Einchecken mit Fahrrad mittlerweile Routine. Gegen 10 Uhr landen wir auf dem Flughafen der kosovarischen Hauptstadt. Stolz werden wir im jüngsten Land Europas
begrüßt. Der Flughafen ist überschaubar und die Einreise klappt problemlos. Auf der neuen Flughafenstraße fahren wir durch ein
Spalier kosovarischer Flaggen. Gleich dahinter wird es
ländlich. Vieles erinnert uns hier an Albanien, die Struktur der Dörfer, die neuen
Moscheen, aber leider auch der Müll an der Straße. Auch hier gehören
Pferd und Wagen noch zum Straßenbild. Immer wieder passieren wir Denkmäler für die Getöteten im Krieg Ende der Neunziger Jahre. Die damalige sogenannte Freiheitsarmee UÇK wird immer noch hoch verehrt, was an der Größe der
Denkmäler erkennbar ist. Sie wurde 1999 nach der faktischen Unabhängigkeit des Kosovo aufgelöst.
In Ferizaj essen wir Mittag. Zum schmackhaften Essen gibt es ein im Kosovo gebrautes
Bier. Auch auf den Auto-Nummernschildern wird mit dem eigenen
Nationalitätenkennzeichen nationale Eigenständigkeit demonstriert. Wir schauen uns noch eine Weile das geschäftige Treiben auf den
Straßenmärkten an, bevor wir weiterfahren. Die Straßen in der Stadt sind nicht schlecht, aber man muss aufpassen, dass man nicht in die vertieften Gullilöcher rutscht. Das Plateau des Amselfeldes weicht am Nachmittag dem Lepenac-Tal. Für uns sehr angenehm, geht es doch jetzt kontinuierlich bergab. In der engen
Kaçanik-Schlucht ist neben dem Fluss nur Platz für die Eisenbahn. Die Straße verläuft etwas höher, so haben wir immer wieder einen weiten Blick auf das Tal. In Grenznähe gibt es kaum noch Verkehr. Wir sehen immer mehr Hinweisschilder auf die
KFOR. Die internationale Truppe ist immer noch ein wichtiger Bestandteil zur Befriedung Kosovo.
Gut sechs Stunden nach der Einreise verlassen wir den
Kosovo bereits wieder. Ein freundlicher Grenzbeamter wünscht uns 'Viel Spaß', dann rauschen wir weiter durch das Tal hinab, nun in
Mazedonien. Nach einer guten Stunde erreichen wir die mazedonische Hauptstadt Skopje. Die Hotelsuche dauert eine ganze Zeit lang. Das Hotel Laki erweist sich rückblickend als keine gute Wahl. Es liegt zwar ruhig und zentral, ist aber recht verqualmt, was wir zu spät bemerken. Am Ende der Reise werden wir wissen, dass dies die einzige schlechte Unterkunft der Reise sein sollte. Den Abend verbringen wir im lebendigen Zentrum der Stadt. In der Stadt wird viel gebaut, was dem relativ neuen Status als Hauptstadt eines eigenständigen Staates zuzuschreiben ist.
Bevor wir aus der Stadt fahren, schauen wir uns Skopje an. Auf dem Weg zur Altstadt passieren wir die mächtige
Kliment-von-Ohrid Kirche. Mazedonien möchte als orthodoxes Land wahrgenommen werden, so ist es kein Wunder, dass die 1990 geweihte Kirche die größte orthodoxe Kirche des Landes ist. Auf der anderen Seite der
Steinernen Brücke über den Vardar sieht es anders aus: Hinter den Mauern der
Kale-Festung aus dem Mittelalter finden wir das osmanische
Basar-Viertel mit etlichen
Moscheen, Karawansereien und Badehäusern. Es gab einmal 70 Moscheen in der Stadt. Die
Murat Pascha Moschee ist eine der ältesten unter ihnen. Auf den Marktständen wird alles Notwendige angeboten. Beruhigt stellen wir fest, dass es so wichtige Dinge wie
Fahrradreifen zu kaufen gibt. Jede Menge Statuen stehen in der Stadt. Darunter auch die der Brüder
Kyrill und Method. Ersterem wird die Entwicklung der kyrillischen Schrift zugeschrieben. Nach aktueller Auffassung ist die heute verwendete Schrift aber erst ein Jahrhundert später entstanden.
Gerade sind wir aus der Stadt hinausgefahren, erregt ein
eigenartiges Gefährt unsere Aufmerksamkeit. Der Besitzer erklärt es uns. Es handelt sich um eine fahrbare Säge, mit der die Arbeiter in den Wald fahren. Über ein entsprechendes Getriebe werden Gefährt sowie Säge angetrieben. Wir dürfen auch einmal
Platz nehmen. Die zunächst gute Straße führt in die Berge
hoch über dem Vardar Tal entlang und weicht dort einer Schotterpiste. Wir kommen nur mühsam voran, genießen aber die Einsamkeit in reizvoller Landschaft. Mittags kommen wir am
Mladost-Stausee an. Es scheint ein Ausflugsort für die Hauptstädter und die Bewohner des nahen Ortes Veles zu sein, so gibt es hier Hotels und Restaurants, von denen wir prompt eines ansteuern. Bei Veles biegen wir auf die R1312 nach Osten ab. Es geht nun ständig auf und ab. Hin und wieder liegt eine kleine
Kapelle am Weg. Unterwegs treffen wir immer wieder auf ein Sonnensymbol. Es handelt sich um den
Stern von Vergina, das ursprüngliche mazedonische Nationalsymbol, das von 1992-1995 die mazedonische Flagge zierte. Dieser Umstand entfachte den schwelenden Streit mit Griechenland umso mehr. Erst nach einer Handelsblockade der Griechen änderte Mazedonien seine Flagge. Es herrscht nicht viel Verkehr, so fallen die vielen Busse mit offensichtlich begeisterten Anhängern einer Wahlveranstaltung besonders auf, die uns überholen.
In der Verwaltungsstadt Štip gibt es im Prinzip keine Auswahl an Unterkünften. Es bleibt nur das sozialistisch wirkende Hotel Oaza im Zentrum. Die Zimmer sind aber überraschend schön. Während Wolfgang das Hotel prüft, kommen zwei bettelnde Jungen zu mir. Die angebotenen Müsliriegel verschlingen sie mit Heißhunger. Es scheint doch größere Armut zu geben, als auf den ersten Blick erkennbar. Das Wahrzeichen von Štip ist die
Hügelfestung Isar, die wir aus unserem Hotelzimmerfenster sehen können. Spuren weisen darauf hin, dass es hier bereits in der Antike Siedlungen gab.
Am Morgen besuchen wir den
Besistan, ehemals ein überdachter Basar, jetzt eine Kunstgalerie. Auf einem
schönen Weg fahren wir aus der Stadt. Leider führt er in die verkehrte Richtung, und wir müssen über einen
Feldweg nach Norden korrigieren. Bis Kočani bleibt es flach. Die bunten Blumen an den
Ackerrändern weisen auf den nicht vorhandenen Einsatz von Herbiziden hin. Der parallel verlaufende Fluss Bregalnica bewässert die
Reisfelder. Danach folgen wir Mazedoniens zweitgrößtem Fluss durch eine
enge Schlucht in die Berge. In Istibanja finden wir ein
Fischrestaurant, und haben die Speisenwahl schnell getroffen: Es gibt eine leckere Forelle. Am Ende der Schlucht erreichen wir auf gut 500m Höhe den
Kalimanci See. Der See ist aus der aufgestauten Bregalnica entstanden, seit 1969 wird hier die Wasserkraft genutzt. In kurviger Fahrt geht es einmal um den See herum. Wie in Griechenland, gibt es auch hier die 'Proskinitaria' genannten
Miniaturkapellen. Früher einmal waren sie dazu errichtet worden, damit die Menschen während des Tages ihr Gebet praktizieren konnten.
Am Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel Delčevo. Die Hotelsuche verläuft ähnlich wie gestern: Es gibt nur ein Hotel, diesmal ist es das 'Mazedonija'. Auch hier herrscht außen sozialistischer Charme, innen sind die Zimmer durchaus in Ordnung. Beim Bummel durch die Stadt stoßen wir auf einen Friedhof. Auf den Grabsteinen sind die Gesichter der Verstorbenen in hoher
Detailtreue abgebildet, während zwischen den Grabsteinen hohes Gras wächst. Das Abendessen im Restaurant 'Kaj Mite' ist vorzüglich. Es gibt eine mazedonische Roulade. Auf dem Hauptplatz wird es laut. Es findet eine
Wahlkampfveranstaltung der oppositionellen 'Sozialdemokratischen Liga Mazedoniens' statt. Wir verstehen nicht viel, aber Engagement kann man den Wahlkämpfern nicht absprechen. Dennoch geht die Wahl am 5. Juni für die SDSM verloren.
Im riesigen
Speisesaal des Hotels sind wir zum Frühstück die einzigen Gäste. Am vierten Tag unserer Reise wollen wir bereits das dritte Land besuchen. Die Grenze nach Bulgarien liegt nur etwa 12km von Delčevo entfernt – allerdings müssen wir fast 600m zum Stanke Lisichkovo Pass
hinauffahren, auf dem der
Grenzübergang liegt. Das haben wir in weniger als zwei Stunden geschafft, doch durch die Zeitumstellung auf Osteuropäische Sommerzeit verlieren wir eine Stunde. Der
bulgarische Zöllner fragt auf Deutsch 'Wollen sie etwas deklarieren?' Wollen wir nicht, und so rauschen wir ins Tal hinab. Gut 800 Höhenmeter tiefer treffen wir auf den Fluss Struma. Ihm folgen wir für 18km nach Süden. Bevor wir wieder in die Berge fahren, essen wir in Simitli
Mittag und holen Geld. 200 Bulgarische Lewa spuckt der Geldautomat aus, das sind etwa 100 Euro. Beim Mittagessen treffen wir auch die einzigen weiteren Radreisenden auf der gesamten Reise. Elise und Thomas, ein junges Pärchen aus Frankreich, wollen mit den Rädern noch weiter nach China und Vietnam. Und wir dachten schon, unsere Reise sei exotisch…
Erneut geht es
bergauf, diesmal gut 800 Höhenmeter. Zum Glück ist es nicht allzu steil, nur die Autofahrer sind ganz offensichtlich nicht gewohnt, mit Radfahrern ihr Revier zu teilen. Wir erreichen den zweiten Gipfel über 1000m am heutigen Tag im Pirin-Gebirge. Am
Predelpass beginnt im Süden der zum UNESCO Welterbe gehörende
Nationalpark Pirin, im Norden das Rila-Gebirge. Wenig später sind wir im kleinen Städtchen Razlog, nicht weit vom bulgarischen Wintersportzentrum Bansko. Im hübschen, kleinen
Hotel Zora finden wir eine Bleibe. Die Frau an der Rezeption spricht zwar kein Englisch, aber zwei bulgarische Gäste helfen uns spontan bei der Verständigung. Genau die beiden, ein Pärchen aus Varna am Schwarzen Meer, treffen wir später beim
Abendessen wieder und verbringen einen kurzweiligen Abend zusammen.
Und dann waren sie wieder da, wie konnten wir es vergessen – Ende Mai herrscht in Bulgarien eine besondere Zeit. Die Zeit der Abiturfeiern. Die finden in anderen Ländern auch statt, aber wohl nirgendwo so lautstark wie in Bulgarien. Das hatten wir bereits auf unserer Reise vier Jahre zuvor im nördlichen Bulgarien festgestellt. Zunächst ziehen die Abiturienten im
feinen Zwirn durch die Stadt, dann geht es zum Feiern, die ganze Nacht hindurch. Dabei werden etwa alle Viertelstunde die Zahlen von eins bis zwölf skandiert, um der ganzen Bevölkerung zu demonstrieren, wie viele Jahre man in der Schule zugebracht hat. So geht es eine Woche lang.
Ein neuer Tag, ein neuer Pass: Durch das
Mesta-Tal geht es nun zwischen Rila-Gebirge und Rhodopen hinauf zum Jundola-Pass. In dem wenig besiedelten Tal leben vorwiegend Pomaken, eine muslimische Minderheit in Bulgarien. Sie werden in Bulgarien auch als 'Bulgaro-Mohammedaner' bezeichnet. Dementsprechend sind in
Jakoruda, der einzigen Stadt im Tal, sowie in den Dörfern Moscheen zu sehen. Die Zeit scheint hier stehengeblieben zu sein:
Transportmittel sind meistens Pferd und Wagen, die
Feldarbeit wird überwiegend per Hand erledigt und an der Passstraße
verkaufen alte Frauen Honig, Marmelade und eingelegte Früchte. Die
Straße windet sich dabei durch
wunderschöne Landschaft den Pass auf gut 1400m hinauf. Kurz vor dem Pass finden wir an einer der vielen Kehren ein kleines
Restaurant. Wir bekommen das rohe Fleisch zur Auswahl gezeigt, welches der Wirt dann für uns grillt.
Nachdem wir den Jundola-Pass
hinuntergerauscht sind, erreichen wir – immer noch in den Rhodopen – auf etwa 750m das überraschend lebendige Welingrad. Aufgrund zahlreicher Mineralquellen gilt die Stadt als das beliebteste Heilbad Bulgariens. Bevor wir zum Ende des Tages die Oberthrakische Tiefebene erreichen, führt die Straße leicht bergab durch eine beeindruckende, tief eingeschnittene
Karstschlucht entlang des kleinen Flusses
Čepinska, die uns an das Iskar-Tal im Norden des Landes erinnert. Die letzten 15 Kilometer fahren wir durch Flachland auf unser Tagesziel, die Kreisstadt Pasardschik am Fluss Mariza zu. In der Stadt finden wir nicht viel Sehenswertes, nach der Bergetappe mit 118 Kilometern haben wir uns allerdings auch nicht wirklich bemüht, danach zu suchen.
In unserer Unterkunft, dem mittelprächtigen Hotel Astoria gibt es kein Frühstück. So gehen wir in das unweit gelegene 'Grand Hotel Heber', doch auch hier erreicht das Frühstück nicht einmal Herbergsniveau. Ohne jegliche Steigung fahren wir am Vormittag auf Nebenstraßen ostwärts. Wir passieren weite
Mohnfelder, und die einzigen Gründe, für ein Foto anzuhalten, sind eine
alte Fabrik, eine
Statue mitten in der Pampa und ein dekorativ zur Schau gestellter
Trabi. Zum Mittag kommen wir in
Plovdiv an. Plovdiv ist die zweitgrößte und eine der schönsten Städte Bulgariens und sollte acht Jahre später Kulturhauptstadt Europas werden.
Die ältesten Siedlungsspuren stammen aus Prähistorischer Zeit, und seitdem scheint sich das
Straßenpflaster nicht wesentlich geändert zu haben. Viele Häuser aus der Mitte des 19. Jhdts. sind im sogenannten 'Stil der Bulgarischen Wiedergeburt' gebaut, so das
Dimiter Geogiady Haus oder das
Haus des Kaufmanns Argir Kujumdshioglu, in welchem heute das ethnografische Museum untergebracht ist. Es gibt aber auch noch viel ältere Kulturgüter zu bestaunen, wie das
Stadttor 'Hisar Kapija', die
Dschumaja-Moschee aus dem 14. Jhdt. sowie die
St. Konstantin-und-Helena Kirche, die als älteste Kirche der Stadt gilt und wunderschöne
Außenfresken besitzt. Und dann ist da noch das imposante
römische Theater: Es wurde zufällig bei Bauarbeiten entdeckt und über zehn Jahre lang freigeschaufelt. 7000 Zuschauer fanden hier Platz. Insgesamt bleiben wir etwa drei Stunden, die Stadt hätte aber durchaus einen längeren Aufenthalt verdient.
Die etwa 17 Kilometer lange Straße nach Asenovgrad ist schnurgerade und stark befahren. Wir sind froh, hinter dem Ort in das Čepelarska-Tal
in die Berge abbiegen zu können. Wir hatten gehört, dass man im
Kloster Bačkowo, dem zweitgrößten des Landes, übernachten kann. Doch dieser Versuch scheitert. Wir finden zwar schnell den zuständigen Mönch, doch dieser lehnt ab, vielleicht ist das Kloster auch nur Pilgern vorbehalten. Die Absage ist nicht tragisch für uns, denn wir hatten bereits am Ortseingang das kleine, ruhig gelegene
Hotel 'Bačkowo' mit eigenem
Restaurant direkt an der Čepelarska entdeckt, und hier werden wir freundlich aufgenommen. Neben der schönen Unterkunft freuen wir uns auch, an diesem Abend den feiernden Abiturienten entkommen zu sein.
Die
Straße Nr. 86 windet sich durch das hübsche Tal der
Čepelarska hoch in die Rhodopen. Anfangs ist die Steigung noch moderat, dann steigt es bis Čepelare etwas stärker an. Obwohl die Gegend sehr dünn besiedelt ist, passieren wir immer wieder
alleinstehende Restaurants. Sie sehen sehr einladend aus, aber es ist ja noch Vormittag. Ebenfalls beruhigend: Es gibt
Trinkwasserbrunnen am Straßenrand. Unsere Wasservorräte sind aber gut gefüllt und allzu heiß ist es heute auch nicht. Kurz vor Čepelare treffen wir den
Radfahrer Josef. Er ist Arzt und Fitnesstrainer, bereits viel in der Welt rumgekommen, und freut sich, Rad fahrende Touristen in seiner Heimat zu treffen.
Unser Mittagessen nehmen wir heute in einem Selbstbedienungsrestaurant in Čepelare ein. Die Stadt ist ein Wintersportzentrum, im Sommer ist nur wenig los. Nun wartet der Rožen-Pass auf uns, es ist mit 1437m der höchste Pass dieser Reise, wenn auch nur wenige Meter höher als der Jundola-Pass. Der Anstieg ist gut zu bewältigen und es herrscht kaum Verkehr. Hinter der
Passhöhe geht es steil bergab. Obwohl die
Straße gut ist, fahren wir recht langsam runter, denn es gibt immer wieder
schöne Fotomotive. Am Fluss Cerna rollen wir weiter durch das Tal hinab. Madan begrüßt uns mit einem
'sozialistischen Ortsmonument', wie es sie überall in Osteuropa zu sehen gibt. Am Ortseingang finden wir das schöne
Hotel 'Korona' in das wir uns direkt einquartieren. Wie am Abend zuvor gibt es auch hier eine Restaurant-Terrasse
direkt am Fluss und wir erhalten
panierte Sardellen als Vorspeise zum Bier.
Am Morgen steht der letzte Rhodopen-Pass auf dem Programm. Vom knapp 1100m hohen
Pečinska-Pass haben wir einen
weiten Blick in die Landschaft. Ein
Imbiss lockt auf der Passhöhe zu einem Pass-Bier, doch es ist noch nicht einmal 11 Uhr, und wir wollen heute ja noch nach Griechenland fahren. So rauschen wir den Pass auf der '867' wieder runter und passieren das Städtchen Zlatograd. Am Fluss Varbica geht es weiter nach Osten. Einsam an der Landstraße gelegen, finden wir das
Motel-Restaurant 'Komplex Emre', hier nehmen wir unser vermeintlich letztes Mittagessen in Bulgarien ein. Am Nachmittag suchen wir die Straße zum neuen Grenzübergang nach Griechenland. Unsere Karte ist nicht mehr stimmig, und der Mann, den wir auf der Straße fragen, signalisiert uns ebenfalls, dass das mit der Grenze nicht ginge. Wir wissen zwar, dass die Bulgaren bei Bejahung mit dem Kopf schütteln, doch diese Reaktion scheint recht eindeutig. Zunächst aber suchen wir einen Weg über den Fluss Varbica, und mit Navi-Unterstützung finden schließlich wir eine sehr
enge Fußgängerbrücke.
Die Flussquerung ist damit geschafft, doch das Grenzproblem bleibt. Die brandneue, aber absolut leere Straße verstärkt unsere Zweifel. Wir fragen in einer Kneipe nach und bekommen eine klare Antwort: 'Granica ne raboti'. Deutlicher kann man auf Bulgarisch nicht sagen, dass die Grenze dicht ist. In diesem Moment wissen wir, was zu tun ist: Ein
Bier trinken und auf die Karte schauen. Letztendlich ist es einfach: Wir sind von Westen gekommen, im Süden ist die Grenze dicht, im Osten versperren Berge den Weg – also bleibt nur der Ausweg nach Norden in die Oberthrakische Tiefebene. Die Kreisstadt Kardschali in etwa 35km Entfernung verspricht erreichbar zu sein und eine Unterkunft für uns vorzuhalten. Im 15km vorher gelegenen Momtschilgrad hätte das wohl auch geklappt, doch wir wollen lieber noch ein Stück von dem bedeutenden Umweg fahren, den wir nun auf der Gesamtstrecke in Kauf nehmen müssen. Die
kaum befahrene Straße ist zudem gut befahrbar und wir kommen gut voran. Erneut fahren wir an der
Varbica entlang, mit diesem Fluss hatten wir heute schon ausreichend zu tun. Um kurz nach sieben kommen wir in Kardschali an, auch hier begrüßt uns ein
monumentales Ortseingangsschild. Es ist keine richtige Innenstadt für uns erkennbar, nach einiger Suche wählen wir das
Hotel Perperikon mit gehobenem Standard. Direkt hinter dem Hotel finden wir ein Restaurant mit sehr gutem Essen.
Viel später erfahren wir, dass es immer wieder Verzögerungen mit der Eröffnung des Grenzübergangs nach Griechenland gab. Schließlich wurde er erst 2013, zwei Jahre nach unserer Reise, eröffnet.
Heute wollen wir sicher gehen, und visieren den Grenzübergang bei Svilengrad an. Doch bis dahin ist es ein ganzes Stück zu fahren. Die Strecke ist kurzweilig, wir beobachten
Schafe,
Störche und
Esel und besuchen einen kuriosen
Markt in Most, auf dem es alles Mögliche zu kaufen gibt. Der Asphalt auf den kleinen Straßen ist überraschend gut. Wir lassen es uns nicht nehmen, einen Abstecher in den kleinen Ort
'Balkan' zu machen, was könnte passender sein auf einer Balkan-Reise.
Schwierig wird es heute mit dem Mittagessen: In den kleinen Dörfern finden wir kein Restaurant. Da es aber überall Läden gibt, die
Tisch und Stühle vor der Tür haben, kaufen wir halt an einem solchen Brot, Wurst und Bier ein und lassen es uns schmecken. Dabei beobachten wir das Dorfleben und sehen erstaunt die bulgarische Variante eines
Fahrrad-Kindersitzes. Bei Harmanli stoßen wir auf die
Europastraße 80 – sie ist fast komplett leer, nur ein
Eselsgespann ist unterwegs. Bis zur Grenze ist es flach und wir sind zügig unterwegs. Unsere letzten bulgarischen Lewa werden wir nun nicht mehr brauchen, wir tauschen sie kurz vor der Grenze in Bier und Süßigkeiten um. So
verabschieden wir uns nun von Bulgarien, wir sind gerne hier gefahren.
Das
griechische Begrüßungsschild ist zwar hinter Zweigen versteckt, heißt uns aber sogar auf Deutsch Willkommen. Es bleibt flach, wir fahren weiterhin am Fluss Mariza entlang. Auch hier ist kein Verkehr, woher soll er auch kommen? Um kurz vor sieben sind wir nach Griechenland eingereist, nun ist es Zeit, eine Unterkunft zu finden. Im 15km entfernten Ort Dikea soll es eine Unterkunft geben, sagt unser Navi. Durch üppiges Grün fahren wir von der Hauptstraße in den Ort. Nichts sieht hier nach einer Unterkunft aus, erst recht nicht in dem Wohnbezirk, in den wir uns nun lotsen lassen. Doch tatsächlich, hier liegt das kleine
Hotel 'Morpheas' und in dem hübschen, sauberen Haus finden wir auch Platz. Im Ort finden wir zudem ein nettes Restaurant mit deutschsprachiger Bedienung. Wir kommen mit den Einheimischen ins Gespräch und werden sogar noch zu
Kuchen und Schnaps eingeladen.
Als wir am Morgen nach einem guten Frühstück in der
Konditorei losfahren, wissen wir noch nicht, dass wir heute die 128km vom Vortag noch toppen würden. Bis zur türkischen Grenze sind es nur 20km. Auf einer langen Brücke queren wir den Fluss Ardas, dessen weniges Wasser durch ein
breites Flussbett fließt. Ohne zu warten gelangen wir in die Türkei. Bedrohlich wirken nur die hohen, mit Stacheldraht versehenen Zäune beiderseits des schmalen Weges über die Grenze. Fotografieren ist an der Grenze natürlich verboten, aber ein Fahrradfoto am
Landesschild mache ich doch. Auch in der Türkei begrüßt man uns freundlich mit einem
Willkommensschild. Erneut geht es über eine
Brücke diesmal über die Mariza, die wir ja schon aus Bulgarien kennen. Auf Türkisch heißt sie Meriç Nehri. Bis auf diese kleine Ecke bei Edirne bildet sie ansonsten die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei.
Edirne ist mit über 150.000 Einwohnern die westlichste Großstadt der Türkei. Hier befindet sich die
Selimiye-Moschee aus dem 16. Jhdt., die als eine der schönsten des Landes und Höhepunkt der osmanischen Architektur gilt. Einen Monat, nachdem wir sie besuchten, wurde sie in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Um in ihr beeindruckendes Inneres zu gelangen, müssen wir durch einen
Basar gehen. Über dem
Gebetsraum thront eine
Kuppel, die mit 31m Durchmesser etwa die gleiche Größe wie die der Hagia Sophia in Istanbul hat. Hinter der Stadt hoffen wir, in einem der Orte ein Restaurant zum Mittagessen zu finden. In Karakasım ist es dann soweit, doch das kleine Restaurant ist geschlossen, es findet sich lediglich ein
Schild mit einer Telefonnummer. Um sicher zu gehen, fragen wir einen Arbeiter, der zückt kurz entschlossen sein Handy, ruft die auf dem Schild stehende Nummer an und bittet uns zu warten. Wenig später kommt der Koch vorbei, und wir können in der Kühltruhe unser Essen auswählen. Die 'Köfte', dabei handelt es sich um die hier in der Gegend typischen Hackfleischbällchen, sind schmackhaft zubereitet.
Bis Uzunköprü fahren wir auf kleinen Straßen an der griechischen Grenze entlang, dann geht es auf die D550, gleichbedeutend mit der Europastraße 87. Uns ist klar, dass wir es heute bis Keşan schaffen müssen, davor wird es keine Unterkünfte geben. So geht es etwa 50km auf der Europastraße geradeaus nach Süden durch leicht welliges Gelände. Mal ist die Richtungsfahrbahn einspurig, mal zweispurig, doch viel Verkehr herrscht hier nicht. Auf der
eintönigen Route bieten die wenigen Dörfer mit ihren
Moscheen eine willkommene Abwechslung. In Keşan wählen wir nach einigem Suchen das gehobene
Hotel 'Şapcı Prestige'. Nach fast 137km und bei unserer ersten Übernachtung in der Türkei wollen wir kein Risiko eingehen. Zum Essen finden wir eine Kneipe in der Nähe und kommen dabei schnell in Kontakt mit den Einheimischen.
Am Morgen hat uns die
Europastraße wieder. Sie bleibt eintönig, und je weiter wir nach Süden vordringen, desto schlechter wird die Straße. Wie schon in Mazedonien, herrscht auch in der Türkei Wahlkampf. Dieser ist jedoch recht einseitig: Sowohl auf den
Wahlplakaten an der Straße als auch in den Fernsehspots ist fast ausschließlich die Partei des amtierenden Premiers Erdogan zu sehen. Auf dem Weg zum Mittelmeer sind
Reisfelder die einzige landschaftliche Abwechslung. Als die Straße nur noch 300m vom Wasser entfernt verläuft, folgen wir einem Schild zum 'Motel Koru' und finden ein idyllische Pension mit Restaurant,
direkt am Mittelmeer gelegen. Die Bestellung des
Essens gestaltet sich einfach, große Entscheidungen werden uns nicht abverlangt: Mixed Meat? Yes! Salad? Yes! Beer? Yes! Am liebsten würden wir hier bleiben.
Beim Versuch, der Hauptstraße ab Bolayır zu entkommen, landen wir auf einer kleinen,
schlechten Straße, die schließlich zu einem
Schotterweg mutiert. Sie führt aber bis
Gelibolu durch. In dieser Hafenstadt wollen wir die Dardanellen überqueren. Die
Autofähre ist gerade im Begriff, abzulegen. Auf unsere Frage nach Fahrkartenkauf werden wir auf die Fähre gewunken und wenige Sekunden später fährt sie los. Auch
auf der Fähre können wir nirgendwo für die Überfahrt bezahlen, aber dafür wird uns Tee serviert. Türkische Gastfreundschaft eben.
Um 17:00 verlassen wir somit den europäischen Kontinent, eine halbe Stunde später erreichen wir den in Asien gelegenen Landesteil Anatolien. In
Çardak, direkt am Anleger, prangt auf dem Dach eines Hauses das Wort 'Pansiyon'. Doch wir wollen noch ein wenig weiter fahren, in unserem Hotel in Keşan wurde uns nämlich versichert, dass es in Şevketiye eine Unterkunft gäbe. Bis dahin sind es 15km auf einer eher
unterdurchschnittlichen Straße mit LKW-Verkehr zu fahren. Es geht direkt am Marmarameer entlang. Im besagten Ort selber gibt es zwar keine Unterkunft, doch etwa vier Kilometer dahinter werden wir fündig. Das
'Gürece Motel' liegt direkt am Wasser. Beim Abendessen bekommen wir auch gleich Familienanschluss, der Sohn der Besitzer lebte einige Jahre in Berlin, nun ist er wieder hier.
Die letzte lange Etappe der Reise sollte die anstrengendste werden. Es gibt zwar kaum Steigungen, aber der Zustand der Europastraße ist für Radfahrer alle andere als geeignet, und es geht bei sengender Hitze meistens
schnurgeradeaus. Die Landschaft ist auch nicht so spannend und wir sind froh, wenn hin und wieder eine
Moschee oder ein
blumengesäumter Seitenstreifen die Tristesse auflockert. Kurz vor Biga nutzen wir die Gelegenheit zum Mittagessen. Die Straße wird immer katastrophaler. Abschnitte mit
kirschgroßen Steinen und
flüssigem Asphalt wechseln sich ab.
Zerfetzte Autoreifen am Straßenrand lassen unser Vertrauen in diese Straße nicht wachsen. Am Nachmittag machen wir eine Pause in Denizkent, einem der wenigen Orte, doch die große Pipeline-Baustelle macht den Ort auch nicht gerade attraktiver.
Nach knapp hundert Kilometern biegen wir in den Ort
Edincik ab und fahren weiter auf die Halbinsel Kapıdağ. Kurz vor Erdek liegt eine große Bucht am Marmarameer, um Unterkünfte brauchen wir uns hier keine Sorgen machen. Die vielen Hotels und Resorts liegen aber weit genug auseinander, sodass es kein Gedränge gibt. Wir wählen das 'Pinar Otel' und sind mit unserer Wahl zufrieden. Umso mehr, als wir im zugehörigen Restaurant auf einem
Steg im Marmarameer ein hervorragendes Essen einnehmen. Ein Gast ist uns behilflich, die Namen der Fischgerichte zu übersetzen. Die Krönung ist schließlich ein
Sunsetbier. Als später am Abend die Musik
am Strand aufgedreht wird, muss das Partyvolk ohne uns feiern – wir haben uns heute den Schlaf verdient.
Um halb neun morgens öffnet das Restaurant. Wir bekommen vorbereitete Teller zum Frühstück. Heute haben wir es nicht weit, es sind nur 13km bis nach Bandirma. Der
moderne Fährhafen ist einfach zu finden, das
Schild zeigt ein Piktogramm, und die Bezeichnung 'Feribot' verstehen wir auch ohne Türkisch Kenntnisse. Die Fähre fährt erst um 15:30, dafür ist es eine moderne
Katamaranfähre, die nur gut zwei Stunden für die Fahrt über das Marmarameer bis mitten in die Altstadt von Istanbul braucht. Wir schauen uns die
Fischerboote an der hübschen
Promenade an, die restliche Zeit überbrücken wir mit Stadtbesichtigung, Tee trinken und Mittag essen. Pünktlich legt der Katamaran der Fährgesellschaft IDO ab. Die
Sitze erinnern an die eines Flugzeuges.
Unser Ankunftshafen Yenikapı liegt im Zentrum von Istanbul. So ersparen wir uns die Fahrt in diese riesige Stadt, die 2011 knapp 14 Mio. Einwohner hatte, bei einer Fläche von über 5000 Quadratkilometern. Es sind nur zwei Kilometer bis zum Agora Guesthouse, das in
Sichtweite der Blauen Moschee liegt. Hier wartet bereits Dagmar, Wolfgangs Frau, auf uns. Ein Abendessen in einem
Dachgartenrestaurant und ein Bummel durch den nahen
Arasta Basar runden den Tag ab.
Wir lassen heute das Fahrrad stehen und erkunden Istanbul zu Fuß. Dabei orientieren wir uns an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, denn wir waren alle noch nie hier gewesen. Unser erster Weg führt uns zur
Hagia Sophia. Das beeindruckende Bauwerk aus dem 6. Jhdt. ist vielleicht das Top-Highlight in Istanbul. Wechselweise in Funktion als Kirche, Moschee und Museum, gilt es nicht nur als ein Wahrzeichen Istanbuls, und steht seit langem auf der UNESCO-Weltkulturerbeliste, sondern ist in ihrer Unvergleichlichkeit eines der bedeutendsten Bauwerke der Spätantike weltweit. Die Ziegelkuppel mit 33m Durchmesser in 56m Höhe ist bis heute unübertroffen.
Architektur und
Ausgestaltung des Gebäudes versetzen uns in Staunen. Gegenüber der Hagia Sophia, auf der anderen Seite des Sultan Ahmed Parks, liegt die
Blaue Moschee, die dem Sultan Ahmed gewidmet ist. Gut 1000 Jahre jünger als die Hagia Sophia ist sie mit ihren sechs Minaretten eines der wichtigsten Beispiele der osmanischen Architektur. Insbesondere die vollständige detaillierte
Ausmalung des Innenraums weiß zu gefallen.
Nur wenige Meter weiter, vorbei am
Deutschen Brunnen und am
Obelisken des Theodosius, tauchen wir in die antike Unterwelt ab: Hier liegt die
Cisterna Basilica, einst als Wasserspeicher für den Großen Palast konzipiert. Der im 6. Jhdt. angelegte, 138 Meter lange und 65 Meter breite unterirdische Raum wird durch
336 Säulen gestützt und kann 80000m³ Wasser fassen. Wir passieren den
Gewürzbasar und erreichen die
Yeni-Moschee. Der imposante Bau aus dem 17. Jhdt. ist sowohl außen als auch
innen ähnlich beeindruckend wie die Blaue Moschee. Kurz dahinter liegt die
Galata-Brücke. Sie führt über das 'Goldene Horn', einen etwa sieben Kilometer langen Meeresarm in das Stadtviertel Karaköy (Galata). Neben Fahrspuren für Autos und Straßenbahn befinden sich viele kleine Läden auf der Brücke und es herrscht geschäftiges Treiben.
Mit der historischen unterirdischen Standseilbahn
'Tünel' geht es nun in den gut 60m höher gelegenen Stadtteil Beyoğlu. Von hier laufen wir zum
Galataturm, der einst als Teil der Stadtbefestigung diente. Von oben haben wir einen weiten Blick auf die Stadtviertel und Gebäude am
Bosporus und am
Goldenen Horn. Auf dem Rückweg passieren wir den
Großen Basar. Auf über 31.000 m² in rund 4.000
Geschäften herrscht orientalisches Treiben. Der
Markt besteht bereits seit 600 Jahren.
Während Wolfgang und Dagmar die Stadt erneut zu Fuß erkunden, zieht es mich aufs Fahrrad. Nach ein paar Fahrradfotos vor
Hagia Sophia und
Blauer Moschee nehme ich die
Fähre in den asiatischen Stadtteil Üsküdar. Wie schon an den Dardanellen, muss man auch hier nichts für die Überfahrt bezahlen. Die drei Kilometer lange, halbstündige Fahrt über den
Bosporus führt am
Topkapi-Palast vorbei. Von hier aus wurden die Geschicke des Osmanischen Reiches über Jahrhunderte gelenkt. In Üsküdar gerate ich mitten in den
Wahlkampf. Zum ersten Mal in der Türkei nehme ich eine andere Partei als Erdogans AKP wahr. Ich fahre direkt am Wasser entlang nordwärts und besuche unterwegs die kleine
Şemsi-Pascha-Moschee sowie die größere
Yeni-Valide-Moschee. Hier herrscht kein Trubel wie auf der anderen Bosporus Seite und ich bekomme sogar eine individuelle Führung vom Verwalter der Moschee. Sprachlich ist das kein Problem, da er die meiste Zeit seines Lebens in Dortmund gelebt und gearbeitet hat. Nun ist er im Ruhestand und zurück in Istanbul.
Vorbei an der Mädcheninsel mit dem
Leanderturm und unter der militärisch stark gesicherten
Bosporus-Autobahnbrücke fahre ich weiter nach Norden. Zum Mittag finde ich ein nettes Restaurant, bei dem man draußen sitzen kann. Mit dem Verbot, Alkohol auszuschenken, wenn eine Moschee in Sichtweise sein könnte, weiß man umzugehen: Es wird Schwarzbier ohne Schaum in Cola-Bechern serviert. Nun steht der
Küçüksu-Palast auf meinem Besichtigungsprogramm. Der Sultanspalast aus weißem Marmor war Ausflugsort für die Sultane von Istanbul und ist aus der James Bond Verfilmung 'Die Welt ist nicht genug' bekannt. Danach passiere ich die
'Anatolische Festung' aus dem 14. Jhdt. an der Mündung des Göksu. Das umliegende Dorf besteht aus denkmalgeschützten Holzhäusern, von Großstadt ist hier nichts zu spüren.
Das wird anders, als ich wieder per
Fähre auf die europäische Seite übersetze. Die Fahrt auf der engen Küstenstraße bei dichtem Verkehr ist eine Herausforderung. Nach gut 13 Kilometern erreiche ich wieder die Galatabrücke. Dahinter steht die prachtvolle
Süleymaniye-Moschee, die ich besichtige, bevor ich mich mit Wolfgang und Dagmar zum Abendessen treffe. In einem Dachterrassen-Restaurant in der Nähe unserer Unterkunft ergibt sich sogar noch ein
Sunset-Bier. Wir schließen den Tag mit ein paar
Nachtaufnahmen im Sultan Ahmed Park ab.
Um sieben Uhr morgens machen wir uns auf den Weg zum Flughafen. Auf der breiten glatten Straße parallel zum Meer sind wir fast alleine unterwegs. Über praktisch die ganze Länge ist die Straße mit den unvermeidlichen Wahlwerbe-Wimpeln verziert. Es sieht aber schöner aus, als die bei uns üblichen Wahlplakate. Bereits nach einer Dreiviertelstunde erreichen wir den Atatürk-Flughafen. Wie immer verpacken wir die Räder notdürftig mit der mitgebrachten Folie, und hoffen, dass sie den Flug gut überstehen. Das Einchecken verläuft problemlos. Auf dem gut dreistündigen Flug zurück nach Hamburg lassen wir eine beeindruckende Reise Revue passieren.